© Dr. Dorothee Wetzig
Plant³ im Gespräch mit Dr. Dorothee Wetzig
Im Herbst 2022 hat sich eine breite Allianz für nachhaltiges Bauen in Mecklenburg-Vorpommern zusammengefunden, um sich u.a. gemeinsam für eine möglichst zügige Anpassung von Rahmenbedingungen im Baubereich einzusetzen. Koordiniert werden die verschiedenen Projektgruppen und Aktivitäten der Allianz durch die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin. Wir haben mit der dortigen Koordinatorin, Frau Dr. Dorothee Wetzig, über Gründung, Anliegen und Perspektiven der Allianz gesprochen:
Frau Wetzig, die Allianz für nachhaltiges Bauen in Mecklenburg-Vorpommern wurde durch die IHK zu Schwerin angeregt. Was war der Auslöser dafür, diesen Schritt zu machen?
Dr. Dorothee Wetzig: Tatsächlich ist die IHK zu Schwerin nicht die einzige Initiatorin. Die Architektenkammer M-V sowie die Ingenieurkammer M-V haben von Beginn an gemeinsam mit der IHK die Entstehung der Allianz vorangetrieben. Uns vereint das Ziel, die Bauwende in Mecklenburg- Vorpommern zu gestalten. Wir sehen in der Bauwende eine Chance, neue regionale Wertschöpfungsketten in Mecklenburg- Vorpommern aufzubauen. Insbesondere in ländlichen Räumen können Hersteller von ökologischen Baustoffen samt Zulieferer profitieren. Das Interesse der IHK liegt natürlich auch darin, unsere Mitgliedsunternehmen zu unterstützen, sich auf neue baurechtliche Anforderungen gut vorbereiten zu können.
Welche Chancen sehen Sie im gemeinsamen Vorgehen der Allianz, nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch und gesellschaftlich?
Dr. Dorothee Wetzig: Wir erfahren bereits einen Mehrwert durch die Vernetzung der Akteure verschiedener Disziplinen. Ob Planer, bauausführende Unternehmen, Hochschulen oder Bildungsträger – der fachliche Austausch wie auch die gemeinsame Projektarbeit wird als bereichernd empfunden. Wir haben das Ziel, dass durch die Allianz die Sichtbarkeit des Themas größer wird, und dass wir Vorbehalte auf Bauherren- Seite abbauen können. Durch unser gemeinsames Auftreten finden wir auch mehr Gehör auf Verwaltungs- und politischer Ebene. Der Allianz haben sich neben den drei Industrie- und Handelskammern, der Architektenkammer und der Ingenieurkammer auch die beiden Handwerkskammern, fünf Hochschulen und weitere Partner in M-V angeschlossen – das kann man nicht ignorieren.
Die Bauwende bietet durchaus neue Geschäftsmodelle. Diese können etablierte Unternehmen nutzen, um sich künftig neue Standbeine aufzubauen, oder aber die Gründer- Szene nutzt ihre Chancen. Neue ökologische Baustoffe wie aber auch Logistik und Dienstleistungen rund um die Wiederverwendung von Bauteilen sind dabei nur Beispiele.
Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten auf dem Weg zu einer größeren Nachhaltigkeit beim Bauen?
Dr. Dorothee Wetzig: Nachfrage und Fachkräfte, würde ich sagen. Die bauausführenden Betriebe richten sich nach den Aufträgen der Bauherren. Gleichzeitig gibt es viele Planer, die gerne ökologischer bauen würden, die davon aber nicht wirtschaftlich überleben können. Momentan hakt es bei der Nachfrage. Wir würden es gerne sehen, dass zumindest die öffentliche Hand in ihrer Auftragsvergabe nachhaltiges Bauen stärker berücksichtigt, und damit zu einer stärkeren Akzeptanz beiträgt. Gleichzeitig wollen wir über Standardisierung und Informationen dazu beitragen, Vorbehalten abzubauen. Mittelfristig wird sicherlich eine weiterführende CO2-Bepreisung nachhaltigem Bauen einen Preisvorteil verschaffen, und dadurch zu einer steigenden Nachfrage führen. Aber das dauert noch zu lange.
Die Bauwende wird zudem ausgebremst durch nicht ausreichend qualifiziertes Personal, dies ist ja in vielen Bereichen momentan eine Herausforderung. Dies betrifft sowohl Unternehmen als auch Behörden in den Bereichen Planung, Bau und bei Genehmigungs-, Vergabe- und Abnahmeprozessen.
Es gibt auch noch einige rechtliche Fragestellungen, wie z.B. die Gewährleistung bei wiederverwendeten Bauteilen, aber da gibt es Lösungswege, die wir im Land hoffentlich relativ pragmatisch angehen können
Was ist Ihre ganz persönliche Version von einem bioökonomischen Wandel in der Region?
Dr. Dorothee Wetzig: Mecklenburg- Vorpommern spielt seine Stärke als gut vernetztes Flächenland mit einer Lehmbautradition und hoher Kompetenz in der Moorforschung aus. Es gelingt, Paludikultur mit der Herstellung ökologischer Baustoffe zu verknüpfen, und so Wertschöpfung und Klimaschutz zu verbinden.
Frau Wetzig, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!
Infokasten: Die IHK zu Schwerin, insbesondere vertreten durch den Hauptgeschäftsführer Siegbert Eisenach, gehört zu den Initiatoren der Allianz für nachhaltiges Bauen in MV, in dem auch das Bündnis Plant³ mitwirkt. Koordinatorin der Allianz ist Dr. Dorothee Wetzig, Projektleiterin Hochschul- und Wissenschaftsstandort und Fachberaterin Industrie, Innovation und Digitalisierung an der IHK zu Schwerin.
Dr. Dorothee Wetzig
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