Plant³ – Bioökonomie für den Strukturwandel in Nordostdeutschland
Der dünn besiedelte Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns mit seinen Agrarflächen, Moorgebieten und der Ostsee besitzt ein enormes Potenzial für eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung. Vor diesem Hintergrund möchte das Bündnis Plant³ einen innovationsbasierten regionalen Strukturwandel auf Basis der Bioökonomie anstoßen. Bündnissprecher Daniel Schiller ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeographie an der Universität Greifswald. Im Interview spricht er über Pläne, Ziele und Visionen für eine Modellregion Bioökonomie.
Herr Schiller, Plant³ gehört zu 20 Innovationsbündnissen, die sich in einem mehrstufigen Auswahlverfahren des BMBF aus über 100 Einreichungen durchsetzen konnten. Wofür steht Plant³?
Das Bündnis mit über 60 Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft erarbeitet Strategien für die hochwertige Veredelung von pflanzenbasierten Rohstoffen in Nordostdeutschland. Die Potenz Hoch 3 steht einerseits für die Innovationsfelder Land, Moor und Meer und andererseits für die Erhöhung der Wertschöpfung durch Wissen (Forschung), Innovation (Unternehmen) und (strukturellen) Wandel unter Beachtung der sozialökologischen Nachhaltigkeit.
Was will das Bündnis erreichen?
Langfristiges Ziel von Plant³ ist es, das östliche Mecklenburg-Vorpommern als führende Bioökonomie-Region zu etablieren und zugleich ein Vorbild für die nachhaltige Transformation ländlicher Räume zu schaffen.
Wer sind die wichtigsten Akteure und welche Rolle spielt unsere Universität dabei?
Die wichtigsten Akteure sind Unternehmen mit innovativen Ideen, die Biomasse erzeugen und verarbeiten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region sowie Mittlerorganisationen wie beispielsweise die Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern oder Witeno. Das Innovationsmanagement sitzt im Zentrum für Forschungsförderung und Transfer. Damit hat die Uni Greifswald die koordinierende Funktion inne.
Was passiert aktuell?
Bereits in der Konzeptphase von Plant³ wurden viele Projektideen gesammelt, von denen die ersten zu Beginn des Jahres gestartet sind. Ein Think Tank wird die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten wissenschaftlich begleiten und aus der wissenschaftlichen Analyse heraus Impulse für die strategische Weiterentwicklung liefern. Das Projekt „Treibhaus“ wird unter anderem Startups und etablierte Unternehmen in Form eines Inkubators bei der Optimierung von Innovationsprozessen unterstützen. In den Innovationsfeldern Moor und Meer sind die ersten Forschungs- und Entwicklungsprojekte beantragt, weitere Anträge sind in Vorbereitung.
Eine wichtige Aufgabe neben der Mitgliedergewinnung besteht nun darin, das Thema in die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu tragen. Große Unterstützung leistet hier das Wissenschaftsjahr 2020 – Bioökonomie. Es erzeugt eine regelrechte Dynamik bei der Kommunikation des Themas und gibt uns die Möglichkeit insbesondere bei der Durchführung von Veranstaltungen viele Synergien zu nutzen. Aktuell planen wir für das Wintersemester eine Bioökonomie-Vortragsreihe im Alfried Krupp-Wissenschaftskolleg, deren fester Bestandteil auch ein Bürgerforum ist. Wir hoffen, dass diese Veranstaltungen trotz der Corona-Pandemie stattfinden können. Und natürlich freuen wir uns auf den BioÖkonomie-Podcast „FaktenSammler“, der ab Mai von der Pressestelle produziert wird.
Wo sehen Sie die größten Schwierigkeiten in der Umsetzung einer nachhaltigen biobasierten Wirtschaftsform? Wie nehmen Sie die Skeptiker mit?
Wirtschaftsmodelle in der Bioökonomie sind noch zu wenig erprobt, das heißt es müssen Erfolgsmodelle geschaffen werden, um Vertrauen in ein biobasiertes Wirtschaftssystem zu erzeugen. Zugleich haben kleine Unternehmen im ländlichen Raum wenig Mittel für Innovationen, es fehlt ihnen an Geld und personellen Ressourcen, aber auch an Erfahrung.
Unser Ziel ist es daher auch, die Innovationsfähigkeit der Unternehmen nicht nur durch Vernetzung und Austausch, sondern auch durch Weiterbildung in Form von Workshops oder Innovationsforen zu stärken.
Was ist Ihre ganz persönliche Vision von Bioökonomie?
Der Wandel hin zu einer nachhaltigen und zukunftsgerichteten Wirtschaftsform kann nur gelingen, wenn wirtschaftliche Potenziale und Ziele mit ökologischer Nachhaltigkeit verbunden werden und dabei auch die Gesellschaft einbezogen wird. Dafür müssen die Chancen, aber auch die Risiken der Bioökonomie mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen diskutiert werden. Unter Einbindung von Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kann so ein nachhaltiger Transformationsprozess in ländlichen Regionen angestoßen werden.
Plant³
Hinter Plant³ als Bioökonomie-Region steht ein breites Bündnis, das von der Universität Greifswald, der Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern und dem Wissenschafts- und Technologiepark Nord° Ost° (WITENO) geführt wird. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert Plant³ im Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ bis 2024 mit bis zu 15 Millionen Euro.