© Wilde Flora und Andreas Moll
Plant³ im Gespräch mit Andreas Moll („HanseDeeg“) sowie Leonie Korbach und Max Wenzel („Wilde Flora“)
In den vergangenen Jahren haben mehrere Teams mit nachhaltigen und bioökonomischen Anliegen an den Ideen- und Businessplanwettbewerben in Vorpommern und übergreifend in MV teilgenommen und Preise gewonnen. Zu ihnen zählen Andreas Moll mit „HanseDeeg“ sowie Leonie Korbach und Max Wenzel mit „Wilde Flora“. Während „HanseDeeg“ an innovativen Low Calorie- & Low Carb-Kartoffelprodukten arbeitet, bietet „Wilde Flora“ nachhaltige Schnittblumen an. Wir haben uns für Sie mit ihnen über ihre Erfahrungen, Wünsche und Anliegen unterhalten.
Andreas Moll, Ihr habt mit „HanseDeeg“ 2022 den UNIQUE-Ideen- und 2021 den Businessplan-Wettbewerb SEGEL SETZEN! gewonnen und seitdem erfolgreich eine EXIST-Förderung eingeworben. Wo steht Ihr gerade?
Andreas Moll: Nachdem ich mit meinem Abschluss als Diplom-Kaufmann im September nun direkt mit dem EXIST-Gründungsstipendium starten konnte, planen wir aktuell unseren Markteintritt. Dies beinhaltet neben der Preiskalkulation speziell die Verhandlung mit Rohstoff-Zulieferern und möglichen Produzenten. Ursprünglich wollten wir noch in diesem Jahr den Markteintritt vollziehen, werden nun aber erst im Frühjahr 2023 den Verkauf starten. Die aktuellen Preissteigerungen sind da natürlich nicht hilfreich. Die Verschiebung gibt uns jedoch auch die Möglichkeit, das Gesamtkonzept, welches auch Rezepte und Kochvideos zu unseren Produkten beinhaltet, noch intensiver auszuarbeiten und vorzubereiten sowie Werbemaßnahmen gezielter zu planen. Und auch der eigene Onlineshop kann akribischer getestet werden, um ein unkompliziertes Einkaufserlebnis zu gewährleisten.
Leonie Korbach und Max Wenzel, Ihr habt mit Eurem Konzept für die „Wilde Flora“ den Medien-Sonderpreis beim inspired-Ideenwettbewerb 2021 gewonnen. Hat Euch das geholfen und was beschäftigt Euch aktuell?
Leonie Korbach und Max Wenzel: Der Medien-Sonderpreis bestand aus einer Radio-Werbekampagne im Wert von 5.000 € beim Sender 8080s. In gemeinsamer Konzeption mit uns entwickelte 8080s einen dreißigsekündigen Werbespot, der im August 2022 über zwei Wochen lang mehrmals am Tag gespielt wurde. Wir waren sehr aufgeregt und freuten uns enorm, als wir ihn zum ersten Mal auf 80s80s-Radio hörten. Im Nachgang lieferten die stichprobenartige Kundenbefragung und die Besucherzahl auf unserer Homepage leider keine Anhaltspunkte für eine Wirksamkeit der Radiowerbung. Woran das genau gelegen haben mag, können wir leider nicht sagen. Am Ende war es aber eine schöne Erfahrung, aus der wir viel lernen konnten und tolle Menschen kennengelernt haben.
Momentan beschäftigt uns, neben der grundlegenden Frage nach der eigenen Subsistenz, dieselbe Frage wie ganz zu Anfang, die sich uns auch hoffentlich noch bis zum „Schluss“ stellt: Wie können wir als Betrieb ohne Greenwashing klimaneutral werden? Das ist die Frage, die immer da sein wird, die sich auch jedes Unternehmen stellen sollte.
Was bedeutet die bioökonomische Ausrichtung und die Verankerung in Vorpommern für Euch?
Andreas Moll: Auch wenn wir beim Vertrieb, der Beschaffung und Produktion, gerade wegen der mangelnden Verfügbarkeit, auch überregional ausgerichtet sind, liegen mir Vorpommern und die Menschen hier als gebürtiger Greifswalder sehr am Herzen. Aus diesem Grund versuchen wir auch zukünftig, regionale Aspekte möglichst in den Vordergrund zu rücken, vermehrt mit Kartoffelbauern aus der Region zusammenzuarbeiten und hoffentlich schon im kommenden Jahr erste Arbeitsplätze in Vorpommern zu schaffen. Neben unseren eigenen Vorstellungen erwartet zum Glück auch der Markt inzwischen ein möglichst hohes Maß an Nachhaltigkeit mit entsprechenden Zahlungsbereitschaften. Dies gibt uns die Möglichkeit, im Sinne der Natur das Beste aus unseren Produkten zu holen. Das hohe Verständnis für Bioökonomie hier im Flächenland ist dabei sehr von Vorteil.
Leonie Korbach und Max Wenzel: Wir sind uns gar nicht so sicher, ob wir eine bioökonomische Ausrichtung haben. Das kommt ganz darauf an, wie sich die Bioökonomie definiert. Noch ist es so, dass die Definitionen der Bioökonomie ein „Grünes Wirtschaftswachstum“ beinhalten. Da denken wir, dass das im Kontext des globalen Ressourcenverbrauches nicht zusammen funktioniert. Aber ja, es ist wohl das beste Konzept, das es momentan gibt. Wir denken, es benötigt hier noch eine Instanz, die auch gut über Plant³ installiert werden könnte. Jemand müsste Ökobilanzierungen für „bioökonomische“ Unternehmen und Institutionen anbieten. Eine Bilanzierung sollte Pflicht sein, um sich selbst den Stempel „Bioökonomisches Unternehmen“ aufprägen zu können. Zumindest sollte es erstmal prinzipiell möglich sein als Unternehmen klimaneutral zu sein – ob das dann praktisch durchführbar ist, hängt ja auch von diversen politischen Rahmenbedingungen und Fragen der gegebenen Infrastruktur ab. Definitiv sollte aber kein Greenwashing unterstützt werden.
Wir denken, dass Vorpommern hier eine besonders günstige Ausgangssituation bietet. Die Region ist noch nicht so überformt wie z.B. das Ruhrgebiet. Mit einer guten Portion Engagement können hier durchaus nachhaltige Wirtschaftsstrukturen entstehen. Als moorreiches Flächenland mit Anschluss zur Ostsee bieten sich Chancen für die Produktion von allerlei nachwachsenden Rohstoffen und sonstigen, potenziell klimaneutral produzierten, Gütern. Da wir alle wissen, dass lange Transportwege schlecht sind, können wir hier auch direkt in die Weiterverarbeitung gehen. Fertige Produkte zu transportieren ist emissionstechnisch günstiger als der Transport von Rohstoffen. Als Verbund oder Interessengemeinschaft könnte man dann z.B. flächendeckend 100% Ökostrom fordern, eine Lobby für eine beschleunigte Energiewende formen und ein gutes Beispiel für einen nachhaltigen Strukturwandel abbilden.
Da sind wir als Wilde Flora auf jeden Fall bereit alles zu geben. Wir sind gerne in Vorpommern und haben das Gefühl, dass wir hier auch ganz gut akzeptiert werden.
Was hat Euch bisher am besten geholfen? Was wünscht Ihr Euch für die kommenden Monate?
Andreas Moll: Auch wenn der Aufbau des Gründungsnetzwerkes aufgrund der größeren Entfernungen hier etwas schwieriger ist, erscheint der Zusammenhalt und die Unterstützungsbereitschaft dafür umso größer. Seitdem wir unsere Idee im vergangenen Jahr das erste Mal nach außen getragen haben, wurde uns bei der Ausarbeitung des Geschäftskonzeptes durch u. a. die Gründungswerft, Stapellauf Nordost sowie ACCERLERATE:MV sehr viel Hilfe zuteil, für die wir unheimlich dankbar sind und ohne die das Gründungsstipendium wohl unerreichbar gewesen wäre. Für die Zukunft hoffen wir natürlich auf einen erfolgreichen Markteintritt, eine zufriedene Kundschaft und dass wir unsere Erfahrungen dann schon bald an nachfolgende gründungsinteressierte Menschen weitergeben dürfen.
Leonie Korbach und Max Wenzel: Das können wir gar nicht so genau sagen. Manchmal laufen ja Dinge im Hintergrund ab, die man gar nicht so unbedingt mitbekommt. Generell sind wir mit unserer ersten Blumensaison mehr als zufrieden. Es haben viele Leute für uns Werbung gemacht – sowohl ganz analog als auch auf Instagram. Es gab ein paar Zeitungsartikel und einen Beitrag im NDR-Nordmagazin. Bei letzteren Ereignissen war es immer besonders spürbar, dass mehr Anfragen und Bestellungen reinkommen. Ein paar einzelne Personen und Institutionen haben uns im besonderen Maße unterstützt. Hier seien unser Verpächter in Wampen, andere Unternehmer*innen wie Katrin Zeidler und der Regionalladen im Koeppenhaus zu nennen. Auch die Möglichkeit an den UNIQUE- und inspired-Ideenwettbewerb-Veranstaltungen teilzunehmen zu können, brachte uns Aufmerksamkeit.
Für die kommenden Monate wünschen wir uns die Bewilligung unserer Förderanträge, mit deren Hilfe wir mehr Nachhaltigkeit erreichen wollen. Wir beantragen momentan z.B. ein Tröpfchen-Bewässerungssystem, mit dem wir unseren Wasserverbrauch minimieren wollen. Das hat zwar auch betriebswirtschaftliche Vorteile, aber es verringert eben auch unseren ökologischen Fußabdruck enorm. Mit einem geeigneten Cargo-E-Bike wollen wir Transportemissionen und unsere Dienstfahrten neutralisieren. Das kostet alles viel Geld, das wir nicht haben. Wir bewerben uns da für Fördergelder, weil wir denken, dass wir damit auch etwas an die Region zurückgeben können.
Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch und wünschen Euch viel Erfolg!
Kontakt
HanseDeeg – Low Calorie- & Low Carb-Kartoffelprodukte aus Greifswald, Andreas Moll, andreas.moll@hanse-deeg.de, https://hanse-deeg.de, Instagram: @hanse_deeg
Wilde Flora – Nachhaltige Schnittblumen aus Greifswald, Leonie Korbach und Max Wenzel, wildeflora@gmx.de, https://wilde-flora-slowflowers.de, Instagram: @wilde.flora.slowflowers
Der vorpommersche UNIQUE-Ideenwettbewerb findet jährlich im Frühling und der anschließende Businessplanwettbewerb im Herbst statt. Die nächste Veranstaltung ist die Prämierung der Gewinner*innen des Businessplanwettbewerbs am 17.11.2022 in Greifswald. Mehr Informationen gibt es unter www.stapellauf-nordost.de.