3 Fragen an Johannes Rechenberger, Verena Hassel und Florian Abriel / Plant³-Projekt „BioÖkoSim“
BioÖkoSim ist ein digitales Planspiel, das auf den Erkenntnissen des Startvorhabens „Treibhaus“ aufbaut und sich auf die Herausforderungen und Chancen in der modernen Landwirtschaft konzentriert. Spieler:innen übernehmen die Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Als Lehr- und Forschungswerkzeug soll es Studierende, Forscher:innen und Unternehmer:innen unterstützen, ein umfassendes Verständnis für die Bioökonomie zu entwickeln und gleichzeitig neue Lösungsansätze fördern.
Wir haben uns für Sie mit den Projektmitarbeitenden Johannes Rechenberger, Verena Hassel und Florian Abriel über den aktuellen Projektstand unterhalten.
Können Sie die Hauptziele des Planspieles „BioÖkoSim“ beschreiben?
Verena Hassel: Das Hauptziel von „BioÖkoSim“ besteht darin, einen Beitrag zur Vermittlung des Themas Bioökonomie mit all seinen Chancen und Herausforderungen zu leisten – quasi eine Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis zu bieten – um die strategische Entwicklung der Bioökonomie zu fördern. Durch das digitale Planspiel wollen wir ein tieferes Verständnis für die Komplexität der Bioökonomie vermitteln, interdisziplinäres Denken anregen und Fähigkeiten zur strategischen Entscheidungsfindung fördern.
Können Sie uns einen Überblick über den Stand der Entwicklung des Spieles geben?
Florian Abriel: Gegenwärtig befinden wir uns in der Entwicklungsphase des Planspieles. Wesentliche konzeptionelle Grundlagen sind definiert und wir arbeiten an der technischen Umsetzung. Wichtige Meilensteine waren die umfangreiche Recherche zu den vielen Faktoren, die einen landwirtschaftlichen Betrieb beeinflussen und das Erarbeiten eines Spielkonzeptes. Aktuell arbeiten wir an der Entwicklung des Prototyps, der die Kernfunktionalitäten des Spieles umfasst und es ermöglichen wird, erste Tests mit Nutzer:innen durchzuführen.
Wie trägt die interdisziplinäre Arbeit zwischen den beiden Lehrstühlen der Universität Greifswald und der WITENO GmbH zur Innovation im Projekt „BioÖkoSim“ bei?
Johannes H. Rechenberger: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit vereint eine reiche Vielfalt an Perspektiven, Fachwissen und methodischen Ansätzen, was entscheidend für dessen Innovationskraft ist. Vom Lehrstuhl für Religions- und Medienpädagogik bringen wir Erfahrung mit der Konzeption und Entwicklung digitaler Lernumgebungen ein. In Kombination mit dem Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement, dessen Fachkenntnisse in nachhaltiger Unternehmensführung die inhaltliche Basis des Spiels bilden, und der WITENO GmbH, die sowohl Expertise im Technologietransfer als auch eine Gründerperspektive einbringt, ergibt sich ein ganzheitlicher Ansatz. Dieser ermöglicht die Entwicklung eines Planspiels, das komplexe bioökonomische Prozesse anschaulich simuliert, innovative Lernmethoden integriert und zu unternehmerischem Handeln anregt.
Gehen Sie doch nochmal etwas genauer auf die Spielzusammenhänge und die Möglichkeiten der Spieler:innen ein.
Verena Hassel: Im Spiel legen wir großen Wert darauf, gängige wirtschaftliche Konzepte einzubinden, der Anspruch besteht jedoch nicht darin, die Realität vollständig abzubilden. Vielmehr sollen die Spieler:innen ein authentisches Gefühl dafür entwickeln, dass der Prozess der bioökonomischen Innovationsadoption von Interdependenzen und Rückkopplungen geprägt ist. Die Spieler:innen leiten einen landwirtschaftlichen Betrieb, der durch selbstgewichtete Spielziele und Entscheidungen geprägt ist, was die Dynamik und Komplexität realer Betriebsführung widerspiegeln soll. Von der Auswahl der Anbaukulturen über nachhaltige Praktiken bis hin zum Umgang mit Marktfluktuationen und ökologischen Herausforderungen. Hierzu haben wir nicht nur umfassende Recherchearbeit geleistet, sondern auch Betriebe der Region besucht, um Einblicke in ihre Abläufe und Herausforderungen zu erhalten. Diese Erfahrungen fließen direkt in die Spielmechaniken ein und ermöglichen es, strategische Entscheidungen unter Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Faktoren zu treffen.
Wie fördert das Projekt Start-ups im Bereich der Bioökonomie?
Florian Abriel: Das Projekt soll die Entwicklung von Start-ups im Bereich der Bioökonomie fördern, indem es zukünftigen Unternehmer:innen nicht nur fundiertes Wissen vermittelt, sondern auch Erfahrungen in einem risikofreien Umfeld ermöglicht. Durch die Simulation eines Betriebes und die Konfrontation mit realitätsnahen wirtschaftlichen Herausforderungen bietet das Spiel eine Plattform, auf der Geschäftsideen getestet und weiterentwickelt werden können. Perspektivisch sollen zudem die Vernetzung und der Austausch zwischen Gründer:innen fokussiert werden. Schon jetzt bilden kooperative Elemente im Spiel diesen Aspekt ab, indem gemeinsam Lösungen entwickelt werden und ein Umfeld für Peer-Learning geschaffen wird, das essenziell für den Erfolg in der dynamischen Landschaft der Bioökonomie ist.
Inwiefern berücksichtigt die Gestaltung von „BioÖkoSim“ unterschiedliche pädagogische Ansätze, um potenzielle Nutzer:innen anzusprechen?
Johannes H. Rechenberger: Bei der Gestaltung des Planspieles greifen wir auf ein breites Spektrum pädagogisch-methodischer Ansätze zurück, um die Bioökonomie in ihrer Vielfalt lebendig und erfahrbar zu machen. Unter dem Prinzip der Gamifizierung schaffen wir interaktive Szenarien, welche die Spieler:innen vor Entscheidungen stellen, die Lösungsstrategien und Flexibilität erfordern. Feedback-Schleifen und die Gestaltung adaptiver Herausforderungen ermöglichen es, die eigenen Herangehensweisen zu überdenken und anzupassen. In diesem Kontext fließen Elemente aus Strategie-, Rollen-, Simulations- und edukativen Spielen zusammen, um ein Lernerlebnis zu schaffen, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch strategisches Denken, Problemlösungskompetenzen und Teamarbeit stärkt.
Welche langfristigen Auswirkungen erhoffen Sie sich vom Einsatz des Planspiels „BioÖkoSim“ für die Region und darüber hinaus?
Verena Hassel: Unser Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bioökonomie zu stärken und somit einen nachhaltigen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft anzustoßen. Gut vorstellen können wir uns den Einsatz des Spieles im Masterstudiengang Bioökonomie, aber auch im Biologieunterricht. Indem wir Spieler:innen ermöglichen, die Komplexität und das Potenzial der Bioökonomie zu erleben, möchten wir Unternehmer:innen und Wissenschaftler:innen inspirieren, mit innovativen Ideen und nachhaltigen Geschäftsmodellen zur regionalen Entwicklung beizutragen. In unserer Wunschvorstellung führt ein tieferes Verständnis des Konzeptes der Bioökonomie dazu, dass mehr Menschen motiviert sind, sie auch beruflich weiterzuentwickeln.
Wann werden wir das Spiel ausprobieren können?
Johannes H. Rechenberger: Wenn alles nach Plan verläuft, wird das Spiel im Sommer 2025 verfügbar sein. Aber für alle, die es kaum abwarten können, finden wir sicher einen Platz in unserer Prototyp-Testgruppe.
Frau Hassel, Herr Rechenberger und Herr Abriel, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!
Projektinformationen:
BioÖkoSim wird von Mai 2023 bis Oktober 2025 im Verbund bestehend aus dem Lehrstuhl für ABWL und Gesundheitsmanagement (Prof. Dr. Steffen Fleßa und Angela-Verena Hassel, Universität Greifswald), dem Lehrstuhl für Religions- und Medienpädagogik (Prof. Dr. Roland Rosenstock und Johannes H. Rechenberger, Universität Greifswald) und dem Wissenschafts- und Technologiepark Nord° Ost° (Dr. Wolfgang Blank und Florian Abriel, WITENO GmbH) entwickelt.
Mehr Informationen und Kontaktangaben: https://biooekonomie.uni-greifswald.de/project/biooekosim/