„Es kommt nicht auf das Wort Bioökonomie an, sondern was man daraus macht“
Beim offenen Bündnisforum des Bioökonomie-Bündnisses Plant³ kamen am 30.5.2024 über 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Greifswalder Kultur- und Initiativenhaus Straze zusammen. Prof. Dr. Daniel Schiller, Bündnissprecher und Lehrstuhlinhaber für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Greifswald, betonte zum Auftakt, dass die Region Vorpommern inzwischen deutschlandweit als Bioökonomie-Standort wahrgenommen wird und Plant³ sich als Marke etabliert hat.
„Wer spricht mit wem über was?“ Daniel Trebing konnte anhand seiner auf Vorpommern bezogenen Diskursanalyse zeigen, dass sich in den vergangenen Jahren zunehmend Berichte in den regionalen Medien zu bioökonomischen Aktivitäten finden, wobei die Städte Anklam, Greifswald und Rostock und die Wissenschaftscluster in der Wahrnehmung besonders hervorstechen. Der Begriff wird vor allem im Zusammenhang mit Wissenschaft, Wirtschaft und Politik verwendet.
Dies spiegelte sich in der von Prof. Dr. Christina Tamásy, Lehrstuhlinhaberin für Humangeographie an der Universität Greifswald, moderierten Podiumsdiskussion. Carola Dettmann, Senior-Trainerin beim Bürgerhafen Greifswald, betonte, welche Schätze die älteren Leute noch an Wissen über die Verwendung von regionalen Rohstoffen zu bieten haben – ohne das Label Bioökonomie. Fritz Tiedemann, Schüler des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, hat erst in einem freiwilligen Kurs in der 11. Klasse von „Bioökonomie“ erfahren, obwohl ihm als Kind vom Land das Thema eigentlich immer präsent war. Felix Klimm, selbst Lehrer an der Greifswalder Martinschule, betonte, dass in den Lehrplänen viele relevante Themen aufgeführt sind, nur ohne den Begriff der Bioökonomie. Er erarbeitet zur Zeit im Plant³-Projekt „Regionales Lernen Bioökonomie“, das wie Daniel Trebings „DialogPlant³“ von Prof. Tamásy geleitet wird, Lehrmaterialien, anhand derer sich Schulklassen mit dem Thema auseinandersetzen können.
Antje Styskal, ehrenamtliche Bürgermeisterin in Bollewick, hob hervor, es kommt nicht auf das Wort an, sondern was man daraus macht. Ihr Vorgänger und die Gemeinde Bollewick beschäftigen sich schon über 30 Jahre lang mit dem Thema und haben damit begonnen, bevor der Begriff überhaupt präsent war. Zugespitzt kommentierte Thomas Radke, Projektleiter am Regionalen Zukunftszentrum in Neubrandenburg, Bekanntheit und Verständnis des Begriffs Bioökonomie seien eine Frage von Marketing, nicht von echter Beteiligung. Thomas Beil von der Greifswalder Agrarinitiative schloss dementsprechend die Podiumsdiskussion mit der Forderung: Müssen wir nicht umdrehen und mit den alltäglichen Fragen statt der akademischen Diskussion anfangen?
Prof. Dr. Knut Koschatzky vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung beschrieb die Schwierigkeit, die Erfolge von Fördermaßnahmen mit Hinblick auf ihren Beitrag zu einem positiven Strukturwandel zu messen. Ein einzelnes WIR!-Bündnis für sich genommen reicht nicht, aber ein Zusammenwirken von WIR!-Bündnissen in einer Region wie Vorpommern kann durchaus langfristige Wirkung entwickeln, wenn sie die Unterstützung eines breiten Spektrums an Akteuren haben.
Insgesamt kam es zu vielen verschiedenen interessanten Anregungen, die sowohl diverse Bedürfnisse im Bereich der Bioökonomie als auch bereits angedachte Veränderungen präsentierten. Wir bedanken uns bei allen, die an diesem Austausch teilgenommen haben.