Heimische Moorpflanze hat erstaunliche biofilmhemmende Wirkung gegen multiresistente Bakterien– FuE-Projekt „Sonnentau aus MV“ beendet
Die heimische Moorpflanze Sonnentau (Drosera rotundifolia) wurde über Jahrhunderte zur Behandlung von Infektionen der oberen Atemwege eingesetzt. Das Gesamtziel des Sonnentau-FuE-Projekts war die wissenschaftliche Prüfung, ob und wie Sonnentau wirkt und ob es als Ausgangsstoff für ein entsprechendes pflanzliches Arzneimittel genutzt werden kann. Um genügend hochwertigen Sonnentau in Arzneibuch-Qualität für das Projekt zur Verfügung zu haben, wurde dieser in wiedervernässten Mooren in Mecklenburg-Vorpommern ökologisch und nachhaltig angebaut. Prof. Dr. Sebastian Günther hat zusammen mit Dr. Christian Schulze, Dipl. Pharm. Sandy Gerschler, Dr. Nadin Schultze und Dr. Jenny Schulz von der PaludiMed GmbH seit 2020 am Projekt „Sonnentau aus M-V – mit synergistischer Wirkung gegen multiresistente Keime (SaMV)“ gearbeitet.
Herr Günther, Sie haben untersucht, ob und wie die in Mecklenburg-Vorpommern kultivierte Moorpflanze Sonnentau (Drosera rotundifolia) gegen pathogene Keime wirkt. Was haben Sie herausgefunden?
Neben einer leicht antibiotischen Wirkung der aus Sonnentau gewonnenen Extrakte war die erstaunlichste Feststellung ohne Zweifel die sehr starke Hemmung der Bildung von Biofilmen bei multiresistenten Escherichia coli Stämmen. Biofilme sind wichtige Virulenzmerkmale von Bakterien, die z.B. für das Anhaften an menschlichen Zellen wichtig sind oder aber auch die Bakterien vor Antibiotika schützen können, weil sie eine Schutzschicht um das Bakterium bilden. Wir konnten zeigen, dass schon kleinste Mengen des Extraktes ausreichen, um die Biofilmbildung effektiv zu hemmen. Daneben konnten wir auch eine starke Wirkung gegen Hefepilze wie z.B. Candida albicans feststellen.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Zunächst wurde in Zusammenarbeit mit der PaludiMed GmbH in einem wiedervernässten Moor am Schaalsee Sonnentau in Paludikultur angebaut. Die Proben wurden dann in unserem Labor aufwendig auf ihre Inhaltsstoffe und biologischen Aktivitäten hin untersucht. Als Vergleich diente Importware aus anderen Herkünften. Wir konnten klar zeigen, dass die Ware aus MV den Importen in Gehalt und Wirkung weit überlegen war. Basierend auf diesen Daten wurden dann Qualitätsstandards entsprechend des europäischen Arzneibuches erarbeitet. Zum Ende des Projektes haben wir erste Funktionsmuster für eine Arzneiform hergestellt und umfangreiche Laboranalysen zum Wirkungsmechanismus der Sonnentau-Inhaltsstoffe durchgeführt. Die Ergebnisse der Arbeiten sind z.T. schon publiziert oder zur Publikation eingereicht.
Haben die Ergebnisse Sie überrascht?
Aufgrund unserer Vorarbeiten waren wir nicht überrascht, eine antimikrobielle Wirkung von Sonnentau-Extrakten zu finden. Die starke Wirkung gegen Biofilme von multiresistenten E. coli hat uns dann aber doch überrascht, vor allem die geringen Mengen, die notwendig waren, um einen Effekt zu erzeugen, waren bemerkenswert. Zusätzlich haben wir dann auch noch den antifungalen Effekt gegen Candida-Hefepilze gefunden, den wir nicht erwartet hatten. Der Sonnentau hat uns also immer wieder überrascht.
Wie geht es jetzt weiter?
Basierend auf den gewonnenen Daten werden wir zunächst die Arzneibuch-Monographie zur Qualitätskontrolle von Sonnentau weiterverfolgen und versuchen, diese als gängigen Standard zu etablieren. Mittelfristig werden wir die antifungalen Effekte von Sonnentau in einem Nachfolgeprojekt bearbeiten. Langfristig versuchen wir, Sonnentau-Extrakte als Phytopharmaka gegen leichte Infektionen, die mit Biofilmen assoziiert sind – wie z.B. Harnwegsinfektionen – zu etablieren
Herr Günther, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch!
Mehr Informationen über das Projekt finden Sie auf der entsprechenden Projektseite.